KAMILLE - MATRICARIA CHAMOMILLA

Familie: Korbblütler (Asteraceae).

Synonyme:
Apfelkraut (vermutlich von Äpfelchrut); Apfelkraut bezeichnet
auch Kummerblume, Mutterkraut, Mariamagdalenakraut, Romerei

Hinweis zum Namen:
Es ist eigenartig, dass eine so beliebte Pflanze keinen eigenen deutschen Namen erhielt. „Kamille“ kommt von Chamaemelum; so wurde die römischen Kamille (Chamaemelum nobile oder Anthemis nobilis) und die echte Kamille genannt, und das heißt soviel wie Erdapfel.Das Wort chamomilla ist evtl. zusammengesetzt aus melon = Apfel und khamai = klein, niedrig. Die kleinen Blüten riechen bei einigen Kamillearten apfelartig.

Vorkommen:
Die Kamille wächst in Europa und in vielen Teilen von Asien.Als Standort werden Brachen, meist kalkarme (leicht bodensaure) lehmreiche Äcker und Salzfluren(salzige Weiderasen) bevorzugt.
Es handelt sich bei dieser Pflanze um einen Alteinwanderer und ist ein Kulturbegleiter seit der jüngeren Steinzeit.

Beschreibung:
Die Pflanze wird etwa 20–30 cm hoch und hat fiederteilige, wechselständige Blätter.
Die Blüten sitzen in Blütenköpfen an den Enden der Sprossachsen und bilden einen Blütenstand. Siebestehen aus Zungen- (weiß, außen) und Röhrenblüten (gelb, innen), was typisch für Asteraceen ist. Die weißen Zungenblüten sind zurückgeschlagen.
Blütezeit ist von Mai bis September.

Die Frucht der Kamille ist eine einsamige Nussfrucht, die Achäne genannt wird. Diese scheinen im Boden mindestens 100 Jahre überdauern zu können.

Sammelzeit der Blütenköpfe ist Juni/Juli.

Verwechslung:
Die Echte Kamille kann leicht mit der duftlosen Acker-Hundskamille (Anthemis arvensis) verwechselt werden. Ein sicheres Merkmal ist die Beschaffenheit des Blütenbodens. Bei der Acker-Hundskamille ist er markig-voll, bei der Echten Kamille dagegen hohl. Auch das Mutterkraut sieht ähnlich aus.

Inhaltsstoffe:
Ätherische Öle (vor allem das Matricin, das alpha-Bisabolol und seine Oxide ) und die Flavonoide heilen Entzündungen, indem sie zum Beispiel die Freisetzung und die Bildung entzündungsvermittelnder Botenstoffe blockieren.
Apigenin, ein Flavonoid und Bisabolol und En-in-Dicycloether im ätherischen Öl lösen Verkrampfungen der Muskulatur, da sie, so wird vermutet, den Kalziumeinstrom in die Muskelzellen hemmen.
Dieselben Naturstoffe - allen voran wieder das Bisabolol und der En-in-Dicycloether - schützen die Schleimhaut des Magens vor dem Verdauungsenzym Pepsin und hemmen gewisse Bakterien und Pilze in ihrem Wachstum.
Schleimstoffe haben auch einen Anteil an der heilsamen Wirkung der Kamillenblüten sowie die Bitterstoffe und Cumarine.

Anwendungsgebiete:
Magen-, Darmkoliken, Blähungen, nerv. Durchfall/Verstopfung, Brechreiz, Nervosität, Depressionen, innere Unruhe, Migräne, Fieber, Neuralgien

Anwendungsform:
Tee, Tinktur, Umschläge, Salbe, ätherisches Öl, Dampfbäder

Verwendung in der Naturheilkunde:

„Die Anthemis, eine Blume so klein aber prächtig
Hebt selten ihren Kopf, dennoch ist sie mächtig:
Zwingt das lauernde Fieber zurück...“

Abraham Cowley (Schriftsteller des 17. Jhd.)

Äußerliche Anwendungen:
Zahnfleischentzündungen, Unterstützung bei Mundsoor, Vaginalpilz, bakteriellen Hauterkrankungen, Erkrankungen der Atemwege, der Stirn- und Nebenhöhlen, Anal- und Genitalbereiches sowie Hämorrhoiden und Menstruationsbeschwerden.
Oberflächliche Hautverletzungen, Wundliegen bei Bettlägerigen, Spülung und Nachbehandlung von Wunden sprechen sehr gut auf die keimhemmenden und hautberuhigenden Wirkstoffe der Kamillenzubereitungen an, da sie im Gegensatz zu den herkömmlichen Desinfektionsmitteln die Wundheilung nicht behindern, sondern fördern.

Innerliche Anwendungen:
Magen- und Darmentzündungen, gerade wenn sie mit Blähungen und Krämpfen einhergehen (zum Beispiel als Rollkur), bei krampfartigen Unterleibsbeschwerden der Frau.
Früher wurde auch empfohlen, die Augen mit Kamillentee auszuwaschen. Davon ist man abgekommen; es gab zu viele allergische Reaktionen v.a. wenn nicht die deutsche sondern die römische Kamille verwendet wurde. ...und, nicht vergessen, die Kamille trocknet aus.

Tiermedizin:
Waschungen bei Hunden mit chronisch verklebten Analdrüsen (zu erkennen am „Schlittenfahren“), Magen-, Darmerkrankungen, Entzündungen.
Innerlich nicht bei Kleinsäugern (Meerschweinchen, Hamster) wg. Cumarinen

Geschichte:
Die Germanen weihten sie dem Gott Baldur; so ist auch heute noch der Glaube verbreitet, dass Kamille, die an Baldurs Festtag, dem Johannitag, gepflückt wird, besonders heilkräftig sei.
Die Angelsachsen nannten die Kamille maythen und erwähnten sie in der Lacnunga, einer frühen angelsächsischen Schrift, als eines ihrer neun heiligen Kräuter.
In der deutschen Legende stellten Kamillenblüten die Seelen unglücklicher Soldaten dar, die für ihre Sünden unter einem Fluch starben.
Zur Sommersonnwende entzündete man an Wegkreuzungen und auf Feldern Freudenfeuer. Die Feuer wurden mit aromatischen Pflanzen, darunter auch Kamille, angeheizt. Man glaubte ihr Rauch hätte Zauberkräfte, die alles Unglück abwenden könnten. Die Menschen sprangen über das Feuer, trieben den scharfen Rauch in Richtung Feldfrüchte, Obstbäume und Tiere und trugen die Kranken herbei, damit sie die nützlichen Eigenschaften einatmeten

Weiterhin:

„Das sind doch olle Kamellen“

Damit sind nicht die noch aus dem letzten Rosenmontagszug übrig gebliebenen Süßigkeiten gemeint, sondern Kamillenpflanzen. Wenn man Kamille zu lange lagert gehen Aroma und Heilkraft verloren. Mit den alten Kamillen kann der Apotheker nichts mehr anfangen.
In der Schweiz wurde 2003 eine Briefmarkenserie mit Heilpflanzen herausgebracht
– ratet mal welche Pflanze mit dabei war...?

Wellness:
Wohltuende Hautreinigung
2-3 EL Kamillenblüten
600 ml Wasser
1 TL Zitronensaft
Blüten 10 Min. im Wasser sieden lassen – absieben und auskühlen lassen
Zitronensaft zugeben und untermischen
In geschlossenem Glas kühl lagern


Quellen:
Geheime Zauberkräuter – Margaret Picton – Bassermann
Heilkräuter für gesunde Heimtiere – Dr. Eleonore Hohenberger – Naturbuch Verlag
www.naturmedizin.de
www.klostermedizin.de
www.heilpflanzen.ch